… ohne die Therapie zu beeinträchtigen
06.07.2024 Ältere Hausärzte verschreiben eher Antibiotika als ihre jüngeren Kollegen. Ein vorsichtigeres Vorgehen verschlechtert die Behandlung nicht – und es kann helfen, die Antibiotikaresistenz zu bekämpfen, die bald Millionen von Menschen jährlich töten könnte. Diese Entdeckung wurde in einer neuen Studie des Fachbereichs Wirtschaft der Universität Kopenhagen gemacht.
Jedes Jahr sterben weltweit mehr als 700.000 Menschen an antibiotikaresistenten und antimikrobiellen Infektionen. Diese Zahl übertrifft die jährlichen 627.000 Todesfälle durch Malaria, 685.000 Todesfälle durch Brustkrebs und 500.000 Todesfälle durch Drogenmissbrauch. Die kontinuierliche Ausbreitung resistenter Bakterien macht selbst gewöhnliche Infektionen und chirurgische Standardverfahren zu Hochrisikofällen, schreiben die Studienautoren.
„Wenn es uns nicht gelingt, die Resistenz einzudämmen, könnten in den nächsten drei Jahrzehnten jährlich 10 Millionen Menschen an antibiotikaresistenten Infektionen sterben“, sagt Hannes Ullrich, außerordentlicher Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Kopenhagen.
Wechsel des Arztes liefert entscheidende Anhaltspunkte
Zusammen mit seinem Forscherkollegen Shan Huang hat er den unterschiedlichen Einsatz von Antibiotika durch Ärzte untersucht. Um diesen Bereich zu erforschen, untersuchten die beiden Wirtschaftswissenschaftler, was ein Wechsel des Hausarztes für die Menge der einem Patienten verschriebenen Antibiotika bedeuten kann – und wie sich dies auf die Behandlung auswirkt. Die Studie wurde im Journal of Human Resources veröffentlicht.
„Wenn Allgemeinmediziner umziehen oder in den Ruhestand gehen, müssen ihre Patienten den Arzt wechseln und sind möglicherweise einer anderen Antibiotikabehandlung ausgesetzt. Anhand großer Mengen von Verwaltungsdaten aus Dänemark können wir nachvollziehen, was diese Praxisunterschiede für die Patienten bedeuten“, sagt Ullrich.
Mehr Antibiotikaverschreibungen führen nicht zu einer besseren Behandlung
Die Studie zeigt, dass vor allem ältere Ärzte eher Antibiotika verschreiben. Bei Ärzten mit mehr Kollegen und besseren diagnostischen Möglichkeiten verhält es sich dagegen umgekehrt.
„Dies deutet darauf hin, dass Entwicklungen in der beruflichen Ausbildung, der diagnostischen Ausstattung und der Klinikorganisation für den angemessenen Einsatz von Antibiotika entscheidend sind“, betont Huang.
Die Studie zeigt, dass unterschiedliche Praxisstile der Ärzte 49 % der Unterschiede beim Gesamtantibiotikaeinsatz und 83 % der Unterschiede beim Einsatz von Zweitlinienantibiotika erklären, die in der Regel stärker zur Resistenzentwicklung beitragen.
Gleichzeitig sehen die Ökonomen keinen Beleg dafür, dass ein höherer Antibiotikaeinsatz eine höhere Qualität der Versorgung und bessere gesundheitliche Ergebnisse für die Patienten gewährleistet. „Ärzte, die Antibiotika in großem Umfang einsetzen, benötigen mehr Nachbehandlungen und schicken nicht weniger Patienten mit vermeidbaren Infektionen ins Krankenhaus“, sagt Huang.
Angesichts des Ausmaßes der Antibiotikaresistenzkrise fordern die Forscher mehr politische Maßnahmen in diesem Bereich. „Unsere Studie zeigt, dass der übermäßige Einsatz von Antibiotika in hohem Maße mit unterschiedlichen Praktiken verbunden ist. Eine Harmonisierung der Ansätze zur Verwendung von Antibiotika kann den Gesamtverbrauch von Antibiotika reduzieren, ohne die Gesundheit der Patienten zu gefährden. Neue diagnostische Technologien, einschließlich datengesteuerter Lösungen mit künstlicher Intelligenz, können eine wichtige Rolle bei der Förderung eines effizienten Antibiotikaeinsatzes spielen“, schließt Hannes Ullrich.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Journal of Human Resources (2024). DOI: 10.3368/jhr.0523-12900R1
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