Bewertung des HER2-Status beim extramammären Morbus Paget und seine Bedeutung für Disitamab-Vedotin, ein neuartiges humanisiertes Anti-HER2-Antikörper-Wirkstoff-Konjugat

04.09.2024 In diesem Forschungsbericht wird der Status des humanen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors 2 (HER2) beim extramammären Paget-Syndrom (Morbus Paget, EMPD) umfassend bewertet und das therapeutische Potenzial von Disitamab-Vedotin, einem neuartigen humanisierten Anti-HER2-Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC), für dieses seltene Adenokarzinom untersucht. EMPD entsteht typischerweise in der an apokrinen Drüsen reichen Haut und kann als primäres oder sekundäres Adenokarzinom eingestuft werden, wobei letzteres auf die intraepitheliale Ausbreitung eines zugrundeliegenden viszeralen Karzinoms hinweist, schreiben die Forscher. Die Operation ist eine gängige Behandlung für intraepitheliale EMPD, während Chemotherapie und gezielte Therapie für fortgeschrittene Fälle in Betracht gezogen werden.
Die Überexpression oder Amplifikation von HER2 ist ein bekanntermaßen schlechter prognostischer Indikator bei verschiedenen malignen Erkrankungen und wurde bereits bei EMPD untersucht, wenn auch mit begrenztem Stichprobenumfang. Die Raten der HER2-Überexpression bei EMPD sind in den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich. Die aktuelle Studie schließt diese Lücke, indem sie eine retrospektive Studie mit 129 EMPD-Fällen aus drei medizinischen Zentren durchführt, um den HER2-Status durch immunhistochemische (IHC) Färbung und Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zu bestimmen.
Die Studie von Jia Jia vom Chinese Academy of Medical Sciences and Peking Union Medical College, Beijing, China, und Kollegen ergab, dass in einem signifikanten Anteil der Fälle eine HER2-Proteinexpression nachgewiesen werden konnte, wobei unterschiedliche Werte auf verschiedene Expressionsniveaus hinwiesen. Vor allem das Vorhandensein von HER2 2+ und 3+ war bei invasiver EMPD etwas häufiger als bei intraepithelialer EMPD. Darüber hinaus wurde eine höhere Häufigkeit von Lymphknotenmetastasen mit HER2 2+/3+-Werten in Verbindung gebracht, was auf eine Korrelation zwischen HER2-Expressionsniveaus und der Aggressivität der Erkrankung hindeutet.
Ansprechen auf Disitamab-Vedotin
Die Studie berichtet auch über den Einsatz von Disitamab-Vedotin bei zwei Patientinnen mit fortgeschrittenem EMPD, die zuvor nicht auf eine Chemotherapie angesprochen hatten. Beide Patienten zeigten ein teilweises Ansprechen auf Disitamab-Vedotin, wie anhand der modifizierten RECIST 1.1-Kriterien beurteilt wurde. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass auch Patienten mit geringer HER2-Expression von einer auf HER2 abzielenden Therapie profitieren können, was die potenzielle Patientengruppe für solche Behandlungen erweitert.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung von HER2 als potenzielles therapeutisches Ziel bei EMPD und macht deutlich, dass weitere Untersuchungen zu HER2-gerichteten ADC-Therapien wie Disitamab-Vedotin erforderlich sind. Die Ergebnisse der Studie deuten laut den Autoren darauf hin, dass ein signifikanter Anteil der EMPD-Fälle eine HER2-Expression aufweist, was den potenziellen Einsatz von auf HER2 abzielenden Therapien bei diesen Patienten unterstützt. Zu den Stärken der Studie gehören das multizentrische Design und die Konzentration auf niedrige HER2-Expressionswerte bei EMPD, die in der bisherigen Forschung noch nicht umfassend untersucht wurden.
Zusammenfassend schreiben die Wissenschaftler, dass die Studie wertvolle Einblicke in die Rolle von HER2 bei EMPD und die potenzielle Anwendung einer auf HER2 ausgerichteten ADC-Therapie, insbesondere Disitamab-Vedotin, bei der Behandlung dieser seltenen bösartigen Erkrankung liefert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die HER2-Expression, auch wenn sie nur gering ist, von der ADC-Therapie erfasst werden kann, was eine neue Perspektive für die Behandlung von EMPD eröffnet. Weitere Forschungsarbeiten und klinische Studien sind gerechtfertigt, um die Wirksamkeit und Sicherheit der ADC-Therapie in einer größeren Gruppe von EMPD-Patienten zu untersuchen.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Front. Med. 18, 565–569 (2024). https://doi.org/10.1007/s11684-023-1046-2