Methadon bei Krebs

Methadon, unter den Markennamen Heptadon, Ketalgin, Methaddict (s. Methaddict Erfahrungen), (L-)Polamidon, Eptadone im Handel, ist ein Opioid, das u.a. bei der Behandlung von Schmerzen und als Erhaltungstherapie bei Opioidabhängigkeit, oder bei Krebs zum Einsatz kommt.

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Wirkung bei der Entgiftung

Die Entgiftung mit Methadon kann entweder relativ schnell in weniger als einem Monat oder allmählich über sechs Monate durchgeführt werden. Während eine Einzeldosis einen schnellen Effekt hat, kann die maximale Wirkung fünf Tage dauern. Die Effekte halten etwa sechs Stunden nach einer Einzeldosis und anderthalb Tage nach Langzeitanwendung bei Menschen mit normaler Leberfunktion an. Das Arzneimittel wird gewöhnlich über den Mund und selten durch Injektion in einen Muskel oder eine Vene eingenommen.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen ähneln denen anderer Opioide. Häufig sind es Schwindel, Schläfrigkeit, Erbrechen und Schwitzen. Ernsthafte Risiken sind Opioid-Missbrauch und eine verringerte Anstrengung zu atmen. Abnorme Herzrhythmen können auch auftreten, einschließlich verlängerter QT. Die Zahl der Todesfälle in den Vereinigten Staaten mit Methadon-Vergiftung war 4.418 im Jahr 2011, was 26% der Gesamt-Todesfälle durch Opioid-Vergiftungen betrug. Die Risiken sind bei höheren Dosen größer.

Methadon wird durch chemische Synthese hergestellt und wirkt auf die Opioidrezeptoren.

Zur Wirkung bei Krebs

Laut der Chemikerin Dr. Claudia Friesen vom Ulmer Institut für Rechtsmedizin konnte bereits 2008 gezeigt werden, dass Methadon Leukämiezellen in den Zelltod treiben kann. 2014 hieß es dann, dass Friesen und ihrem Team einen Durchbruch in der Behandlung der häufigsten bösartigen Hirntumoren bei Erwachsenen, den Glioblastomen, die derzeit als unheilbar gelten, zeigen konnten (Quelle: Deutsche Krebshilfe).

In Laborversuchen hatten die Forscher entdeckt, dass die zusätzliche Gabe von Methadon bei einer Chemotherapie die Wirkung der Zellgifte um bis zu 90 Prozent verstärkt, erklärte Friesen.

Die Forscherin erklärt: Eine mit Methadon behandelte Tumorzelle nimmt jedoch nicht nur mehr Zellgift auf als ohne Methadon, sondern gibt auch viel weniger davon wieder ab. Damit wird eine weitere Verteidigungsstrategie der Krebszellen ausgehebelt: Als Abwehrreaktion auf das Zellgift pumpt sie normalerweise das Arzneimittel schnellstmöglich wieder nach draußen.

Methadon jedoch stört diese Pumpprozesse. So verbleibt das Krebs-Medikament in großer Menge lange in der Zelle und dadurch wird auch eine geringere Menge benötigt, um die maligne Zelle abzutöten. Für den Patienten bedeutet dies: weniger Nebenwirkungen durch die Chemotherapie und eine bessere Lebensqualität.

Umgekehrt erhöht die Chemotherapie die Zahl der Opioidrezeptoren auf der Krebszelle. Dadurch können auch größere Mengen Methadon andocken. Mehr Methadon wiederum bedeutet mehr Zellgift in der Zelle. Auf diese Weise schaukeln sich Krebsmedikament und Methadon gegenseitig immer weiter hoch – bis die Krebszelle den Zelltod stirbt.

Sogar Glioblastome, die sich als sehr widerstandsfähig gegen die bisherigen Behandlungen erwiesen haben, wurden durch die Kombination Chemotherapie und Methadon fast komplett zerstört. So könnten sogar als austherapiert geltende Patienten von den Erkenntnissen der Ulmer Wissenschaftler profitieren: „Möglicherweise können wir mit Methadon bisher resistente Tumorzellen wieder für die Chemotherapie empfänglich machen“, schreibt Friesen.
© arznei-news.de – Quelle: Deutsche Krebshilfe, 2014

Krebs: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin rät vom Einsatz ab

11.07.2017 Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) rät vom Einsatz von Methadon in der Krebsbehandlung derzeit ab, da es bislang keine Wirksamkeitsbelege gäbe, die zeigten, dass Methadon beim Menschen das Krebswachstum hemme.

„Man muss sehr klar trennen zwischen dem Einsatz von Methadon zur Schmerztherapie und zur Tumortherapie: Methadon hat eine unbestrittene Wirkung auf Schmerzen, wie sie auch im Rahmen von Tumorerkrankungen vorkommen können, wohingegen es bisher keinen ausreichenden Nachweis für eine wachstumshemmende Wirkung auf das Tumorgewebe beim Menschen direkt gibt“, sagte Dominik Bauer von der DGP.

Schwerstkranke Menschen dürften mit ihrer Verzweiflung, Ängsten und Not, sowie ihren Überlegungen zu den therapeutischen Optionen nicht allein gelassen werden. „Gerade deshalb fühlen wir uns zu einer pharmakologischen Bewertung aufgerufen: Trotz der massiven Berichterstattung über eine Antitumorwirkung von D,L-Methadon konnte dieser Effekt bei Menschen bisher noch nicht durch entsprechend notwendige klinische Studien nachgewiesen werden“, sagt Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der DGP.

Es bestehe bei der Verabreichung von Methadon durch Unerfahrene auch das Risiko für Überdosierungen, die fatal enden können. D,L-Methadon stelle wegen der erhöhten Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen verglichen mit anderen Opioiden und der hohen Zahl an Überdosierungen nicht die Erstlinientherapie dar, sagte Radbruch weiter.

Die pharmakologischen Experten der DGP sind skeptisch gegenüber den Aussagen zur Wirkung von D,L-Methadon bei Krebspatienten eingestellt; diese seien „sehr kritisch zu hinterfragen und zu bewerten“, da die Antitumorwirkung am Menschen völlig unklar bislang sei. „Die Aussagen zur Wirksamkeit von D,L-Methadon zur Tumortherapie entsprechen somit nicht dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand und sind auf die Situation beim Menschen nicht übertragbar“, schließt die DGP.
© arznei-news.de – Quelle: DGP, Juli 2017

Deutsche Schmerzgesellschaft: Kein Heilmittel für Krebs

17.07.2017 Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. sollte Methadon nicht zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden, das die bisherigen Befunde nicht ausreichen, um eine Krebsbehandlung zu rechtfertigen.

„Eine bestimmte Form des Methadons, das Levomethadon, setzen wir seit vielen Jahren bei Patienten mit Tumorschmerzen ein. Es ist ein stark wirkendes Medikament mit erheblichen Nebenwirkungen und überdies nicht einfach zu steuern, da es eine hohe Halbwertszeit besitzt“, sagt der Sprecher des Arbeitskreises Tumorschmerz der Deutschen Schmerzgesellschaft PD Dr. med. Stefan Wirz.

Mit dem Einsatz erhöhe sich aber das Risiko, dass die Methadonkonzentration im Blut stark ansteigt und es zu „lebensgefährlichen Komplikationen kommt“ – z.B. einem Atemstillstand. Auch für Methadon gelte dies. Als weitere Nebenwirkungen können „Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, Atembeschwerden, Veränderung der Geschlechtshormone und Herzrhythmusstörungen“ auftreten.

„Eine Prognosebesserung durch Methadon bei Tumorpatienten ist nicht wissenschaftlich belegt. Der Arbeitskreis Tumorschmerz lehnt daher – wie einige andere medizinische Fachgesellschaften auch – eine Anwendung Methadons zur Tumortherapie ab“, sagte Wirz.

„Ein zentrales ärztliches Behandlungsziel lautet: ‚Erstens: Richte keinen Schaden an.‘ Wenn also die Aktivierung von Opioid-Rezeptoren an Tumorzellen für die Wirkung von Methadon verantwortlich sein soll, muss doch an Tumorzellen zunächst getestet werden, ob die klinisch ohnehin breit eingesetzten Opioide wie Morphin, Fentanyl oder Oxycodon die gleiche Wirkung haben“ [zur Wirkung], sagte der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft Professor Dr. med. Martin Schmelz dazu.
© arznei-news.de – Quelle: Deutsche Schmerzgesellschaft, Juli 2017

Methadon + Temozolomid bei Glioblastom – Studie

01.03.2018 In einer auf dem Deutschen Krebskongress präsentierten Studie untersuchten die Forscher im Labor den spezifischen Effekt von Methadon auf Glioblastomzellen, eine Krebserkrankung mit besonders schlechter Prognose.

Latzer P. und Kollegen behandelten Zellkulturen des bösartigen Hirntumors mit dem Chemotherapeutikum Temozolomid allein, mit Methadon allein oder mit einer Kombination aus Temozolomid und Methadon. Unbehandelte Zellen dienten als Kontrollgruppe.

„Leider mussten wir feststellen, dass Methadon die Wirksamkeit der Chemotherapie nicht verstärkt. Das Opioid hat keinerlei sensibilisierende Wirkung für die bei Glioblastomen eingesetzte Standardtherapie mit Temozolomid. Auch Methadon allein hat keinen nachweisbaren Effekt auf das Überleben oder Sterben der Krebszellen“, sagte Prof. Wolfgang Wick von der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg.

Die Wissenschaftler erklären sich die fehlende Wirksamkeit mit der fehlenden spezifischen Andockstelle – dem Opioidrezeptor – für Methadon in der überwiegenden Mehrzahl der Zellen von humanen Glioblastomen. Ohne die Stelle zum Andocken an die Krebszelle kann das Medikament keine Anti-Tumor-Wirkung entwickeln.

„Opioidrezeptoren sind offenbar recht exklusiv auf spezialisierten Nervenzellen exprimiert“, kommentiert Studienautor Professor Uwe Schlegel von der Neurologischen Universitätsklinik Bochum. „In der aktuellen Studie ist mit Zellen gearbeitet worden, die der Situation beim Patienten ähnlich sind. Sie besitzen ebenso wie reale Glioblastome im Menschen keine Opioidrezeptoren und können leider deshalb gar nicht auf Methadon ansprechen.“

Die Forscher raten deshalb von einer „supportiven“ Behandlung von Temozolomid mit Methadon zur Unterstützung der Chemotherapie außerhalb von klinischen Studien bei Glioblastom ab.

Auf die Wirkungsamkeit von Methadon bei anderen Krebsformen oder Chemotherapeutika können die Befunde dieser Studie keine Hinweise geben, schließen die Wissenschaftler im Fachblatt Oncology Research and Treatment.
© arznei-news.de – Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie; Oncol Res Treat 2018;41(suppl 1):1–221; Feb. 2018

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