16.06.2016 Es kann einige Zeit dauern, bevor Antidepressiva ihre Wirkung entfalten. Und doch geschehen die chemischen Veränderungen, die sie im Gehirn verursachen, recht schnell. Das Verständnis für dieses Paradox könnte uns ermöglichen, wirksamere Behandlungen für Depression zu entwickeln.
Erklärung für unterschiedliche Wirksamkeit
Eine neue in der Zeitschrift Neurobiology of Learning and Memory präsentierte Studie der Universitäten Oxford, Harvard und Limerick zeigt, dass der Weg, wie die Medikamente das Lernen von Kontrolle und Hilflosigkeit beeinflussen, erklären kann, warum ihre Auswirkungen längere Zeit in Anspruch nehmen, und warum sich ihre Wirksamkeit von Person zu Person unterscheidet.
Das Forscherteam verabreichte depressiven und nicht-depressiven Freiwilligen für 7 Tage eine normale Dosis eines Antidepressivums oder ein Placebo. Das Medikament – Escitalopram – erhöht das Niveau des Neurotransmitters Serotonin im Zentralnervensystem.
Einfluss auf Gefühl der Kontrolle
Nach 7 Tagen nahmen die Freiwilligen teil an einem computergestützten Spiel, das die Lern-Fähigkeit überprüfen sollte. Die Teilnehmer lernten bei diesem Spiel, wie ihre Handlungen die Ereignisse kontrollieren konnten, die im Spiel vorkamen.
Die Freiwilligen testeten die Wirksamkeit ihrer Handlungen bei zahlreichen Gelegenheiten (Drücken der Tastatur), um zu überprüfen, ob sie einen Ton kontrollieren konnten. Die Forscher hatten sichergestellt, dass – in allen Fällen – die Freiwilligen tatsächlich keine Kontrolle über diese Ereignisse im Spiel hatten.
Gefühl der Hilflosigkeit
In diesen Situationen neigen gesunde Menschen ohne Depression zur Wahrnehmung, dass sie ‚alles unter Kontrolle‘ hätten, wohingegen Depressive wenig Kontrolle oder sogenannte Hilflosigkeit wahrnehmen.
In dieser Studie fanden die Forscher, dass das Antidepressivum beeinflusste, wie sich die Teilnehmer im Spiel verhielten, und – wichtig – wie sie ihre eigene Kontrolle über Ereignisse lernten wahrzunehmen, die zufällig auftraten.
Teilnehmer mit Depression, die das Placebo erhielten, neigten dazu, sich weniger mit dem Spiel zu beschäftigen und wahrzunehmen, dass sie weniger Kontrolle hatten und das Umfeld – in diesem Fall das Spiel – mehr die Kontrolle innehielt.
Höhere Interaktion, weniger Gefühl von Hilflosigkeit
7 Tage nach der Einnahme des Medikaments interagierten die depressiven Teilnehmer mehr mit dem Spiel, prüften, ob ihre Handlungen die Situation bei mehr Gelegenheiten kontrollierten, und das Umfeld wurde als weniger kontrollierend beurteilt als bei den Teilnehmern, die ein Placebo erhalten hatten.
Mit anderen Worten beeinflusste das Antidepressivum die Auswirkungen der Depression auf das Lernen von Kontrolle.
Prof. Robin Murphy sagte, dass weitere Forschungsarbeiten des Teams die Effekte unterstrichen hätten, die diese Medikamente bei der Verarbeitung von Emotionen haben. ‚In dieser Studie konzentrierten wir uns auf unser Gefühl der Kontrolle‘.
Zusätzlich zur direkten chemischen Wirkung scheint das Medikament das Lernen zu unterstützen, die Kontrolle zu haben, uns weniger durch die Umgebung einschränken zu lassen, und vielleicht könnte das einen Zusammenhang klären, wie diese Medikamente zur Linderung von Depressionen beitragen.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Universitäten Oxford, Harvard und Limerick; Neurobiology of Learning and Memory – DOI: 10.1016/j.nlm.2016.03.004; Juni 2016
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