Risiko des Auftretens von Psychosen und Manien bei verschreibungspflichtigen Amphetaminen

12.09.2024 Die Verschreibungsraten für Stimulanzien zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen, wobei einige der größten Steigerungen während der COVID-19-Pandemie berichtet wurden. Eine neue Studie über die Aufnahme von Erwachsenen in die Notaufnahme des Mass General Brigham unter der Leitung von Forschern des McLean-Krankenhauses ergab, dass Personen, die hohe Dosen von Amphetaminen (z. B. Adderall, Elvanse) einnehmen, ein mehr als fünffach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Psychose oder Manie haben. Die Ergebnisse wurden im American Journal of Psychiatry veröffentlicht.
Insgesamt war bei Personen, die in den vergangenen Monaten verschreibungspflichtige Amphetamine eingenommen hatten, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer erstmaligen Psychose oder Manie größer als bei Personen, die in den vergangenen Monaten keine Amphetamine eingenommen hatten. Das Risiko war der Studie zufolge bei denjenigen am höchsten, die 30 mg oder mehr Dextroamphetamin / Dexamphetamin einnahmen.
Frühere Studien haben Stimulanzien mit dem Risiko von Psychosen und Manien in Verbindung gebracht; es fehlten jedoch Informationen darüber, ob die Dosierung das Risiko beeinflusst.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Dosierung eindeutig ein Faktor für das Psychoserisiko ist und bei der Verschreibung von Stimulanzien eine wichtige Rolle spielen sollte“, sagte die Hauptautorin der Studie Dr. Lauren Moran, Forscherin für Pharmakoepidemiologie am McLean Hospital. „Dies ist eine seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung, die sowohl von Patienten als auch von ihren Ärzten überwacht werden sollte, wenn diese Medikamente verschrieben werden.“
Dosierung beeinflusst das Risiko
Die Forscher untersuchten elektronische Gesundheitsakten von Mass General Brigham-Patienten aus den Jahren 2005 bis 2019 und konzentrierten sich dabei auf Personen im Alter von 16 bis 35 Jahren, dem typischen Alter für das Auftreten von Psychosen und Schizophrenie. Alle Patienten wurden in das McLean Hospital eingewiesen, nachdem sie von anderen Krankenhäusern des Mass General Brigham-Gesundheitssystems überwiesen worden waren.
Die Forscher identifizierten 1.374 Fälle von Personen, die sich mit einer Psychose oder Manie in der ersten Episode vorstellten, verglichen mit 2.748 Kontrollpatienten, die wegen anderer Erkrankungen wie Depression oder Angstzuständen in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen wurden. Sie führten eine Vergleichsanalyse des Stimulanzienkonsums im vorangegangenen Monat durch und berücksichtigten andere Faktoren, einschließlich des Substanzkonsums, um die Auswirkungen von Stimulanzien zu isolieren.
Sie fanden heraus, dass der Prozentsatz des zurechenbaren Risikos bei denjenigen, die verschreibungspflichtige Amphetamine eingenommen hatten, bei fast 63 % und bei hochdosierten Amphetaminen bei 81 % lag. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Personen, die verschreibungspflichtige Amphetamine einnehmen, 81 % der Fälle von Psychose oder Manie hätten vermieden werden können, wenn sie nicht die hohe Dosis eingenommen hätten.
Während bei Patienten, die hohe Dosen von Amphetamin einnahmen, ein signifikanter dosisabhängiger Risikoanstieg festgestellt wurde, wurde bei der Einnahme von Methylphenidat (Ritalin) kein signifikanter Risikoanstieg festgestellt, was mit früheren Forschungsergebnissen übereinstimmt, einschließlich einer von Moran geleiteten Studie aus dem Jahr 2019.
Bologischer Mechanismus
Auch wenn die Studie keinen Kausalitätsnachweis erbringt, stellen die Forscher fest, dass ein plausibler biologischer Mechanismus in neurobiologischen Veränderungen besteht, zu denen eine höhere Freisetzung des Neurotransmitters Dopamin durch Amphetamine gehört, die mit den bei Psychosen beobachteten dopaminergen Veränderungen übereinstimmen.
Zu den Einschränkungen der Studie gehören Unstimmigkeiten bei der Führung elektronischer Gesundheitsakten. Da die Studie in einem psychiatrischen Krankenhaus im Großraum Boston durchgeführt wurde, in dem viele Patienten mit Psychosen behandelt werden, lassen sich die Ergebnisse möglicherweise nicht so leicht auf andere Teile des Landes übertragen.
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Moran sagte, dass die Ergebnisse keinen Grund zur Beunruhigung darstellen, aber zu besonderer Vorsicht bei der Verschreibung dieser Medikamente führen sollten, insbesondere bei Patienten, die Risikofaktoren für Psychosen und Manien aufweisen.
„Es gibt nur begrenzte Hinweise darauf, dass verschreibungspflichtige Amphetamine in hohen Dosen wirksamer sind“, sagte Moran. „Ärzte sollten andere Medikamente in Betracht ziehen, die unserer Studie zufolge weniger riskant sind, insbesondere wenn ein Patient ein hohes Risiko für Psychosen oder Manien aufweist.“
© arznei-news.de – Quellenangabe: American Journal of Psychiatry (2024). DOI: 10.1176/appi.ajp.20230329
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