Inhalative Antibiotika bei akuten Infektionen der unteren Atemwege in der Primärversorgung: eine Hypothese
13.05.2022 Der Einsatz von inhalativen Antibiotika zur Behandlung von Infektionen der unteren Atemwege könnte dazu beitragen, die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel zu verringern laut Forschern der Universitäten Bristol und Bath.
Akute Infektionen der unteren Atemwege (aLRTI) sind weltweit die häufigste Erkrankung, die in der Primärversorgung behandelt wird, und antibiotikaresistente Stämme sind die Hauptursache für Todesfälle durch Antibiotika. Orale Antibiotika werden derzeit in etwa 50 % der Fälle in unangemessener Weise verabreicht, was zu Antibiotikaresistenz und Arzneimittelverschwendung beiträgt.
In einem in The Lancet Respiratory Medicine veröffentlichten Studie schlagen die Forscher vor, dass inhalative Antibiotika bei der Behandlung von Patienten in der Primärversorgung wirksam sein könnten, insbesondere bei Patienten mit langfristigen Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Diese Patienten sind bereits mit der Verwendung von Inhalatoren vertraut, und inhalierte Antibiotika könnten höhere Konzentrationen in kleineren Dosen als bei der oralen Einnahme liefern und daher weniger Schaden anrichten.
Professor Alastair Hay vom Zentrum für akademische Primärversorgung der Universität Bristol und Hauptautor des Artikels sagte: „Die Evidenzbasis für den Einsatz von inhalativen Antibiotika ist sehr dürftig, aber die vorhandenen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sie bei der Behandlung von akuten Infektionen der unteren Atemwege einen entscheidenden Fortschritt darstellen könnten. Wir müssen unbedingt alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um die antimikrobielle Resistenz zu verringern, die nach wie vor eine große Bedrohung für die öffentliche Gesundheit weltweit darstellt.“
„Durch den unsachgemäßen Einsatz oraler Antibiotika kann viel Schaden angerichtet werden. Dazu gehören Nebenwirkungen wie Durchfall, Erbrechen und Hautausschläge sowie die Schädigung gesunder Darmbakterien, die wahllos zerstört werden, so dass resistente Bakterien gedeihen können. Inhalative Antibiotika könnten die Nebenwirkungen und diese sogenannten „Bystander“-Effekte der antimikrobiellen Resistenz verringern, indem sie sicherstellen, dass nur der betroffene Teil des Körpers behandelt wird.
„Wir fordern die Regierungen in aller Welt auf, Mittel für die Entwicklung neuer Verabreichungssysteme für Medikamente bereitzustellen, damit die Patienten weniger orale Antibiotika einnehmen müssen und so das Risiko von Nebenwirkungen und der Ansteckung mit antibiotikaresistenten Bakterien verringern können.“
© arznei-news.de – Quellenangabe: The Lancet Respiratory Medicine (2022). DOI: 10.1016/S2213-2600(22)00172-2
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