SARS-CoV-2: Randomisierte kontrollierte Studie zu Molnupiravir bei ambulanten erwachsenen Risikopatienten
29.02.2024 Die derzeit empfohlene fünftägige Behandlung mit dem Virostatikum Molnupiravir reicht möglicherweise nicht zur Behandlung von COVID-19 aus, so eine neue Arbeit von Forschern des University College London.
Die in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie wurde im Rahmen von PANORAMIC durchgeführt, einer laufenden klinischen Studie, in der mögliche Behandlungsmethoden für COVID-19 untersucht werden. In dieser virologischen Teilstudie analysierten die Forscher Virusproben von 577 Studienteilnehmern aus ganz Großbritannien, die nach dem Zufallsprinzip entweder eine fünftägige Behandlung mit Molnupiravir oder die übliche Versorgung ohne antivirale Behandlungen erhalten hatten.
Die Forscher fanden heraus, dass Molunpiravir die Viruslast der Patienten zunächst schneller senkte als die übliche Behandlung: 14 % der Molnupiravir-Patienten hatten das Virus bis zum fünften Tag beseitigt, verglichen mit nur 2 % in der Gruppe mit der üblichen Behandlung.
Nach der Behandlung verlangsamte sich der Rückgang des Virus bei den mit Molnupiravir behandelten Teilnehmern jedoch erheblich. Neun Tage nach der Behandlung hatten nur 48 % der mit Molnupiravir behandelten Patienten das Virus eliminiert, im Vergleich zu 56 % der Patienten, die die übliche Behandlung erhielten.
Mutationen bei den Viren
Darüber hinaus enthielten die Viren aus diesen späteren Proben mehr Mutationen als in der Gruppe mit der Standardbehandlung. Die Forscher konnten einige dieser mutierten Viren aus Proben, die bis zu neun Tage nach der Behandlung entnommen wurden, im Labor kultivieren, was darauf schließen lässt, dass sie möglicherweise von mit Molnupiravir behandelten Patienten an andere weitergegeben wurden.
Die fünftägige Behandlung, so die Autoren, ist nicht lang genug, um das Virus vollständig zu beseitigen. Sie schlagen eine längere Behandlung vor, um herauszufinden, ob das Virus dadurch aus dem Körper eliminiert wird und das Potenzial der Patienten, die Infektion nach dem Ende der Behandlung weiter zu verbreiten, eingeschränkt wird.
Immunreaktion des Körpers auf das Virus
Die Autoren untersuchten auch die Immunreaktion des Körpers auf das Virus – insbesondere die Antikörperspiegel des „Spike-Proteins“ nach Infektion und Behandlung. Sie fanden heraus, dass die mit Molnupiravir behandelte Gruppe nach Beendigung der Behandlung 6.200 U/ml Antikörper aufwies, verglichen mit 8.400 U/ml in der Gruppe, die die Standardbehandlung erhielt.
Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Behandlung die anfängliche Viruslast senkte, so dass das Immunsystem nicht so stark reagieren musste und infolgedessen weniger Antikörper produzierte. Möglicherweise bedeutet dies, dass die mit Molnupiravir behandelten Teilnehmer früher für eine erneute Infektion anfällig sind als die Patienten, die die übliche Behandlung erhielten.
Diese Ergebnisse werfen wichtige Fragen über die Auswirkungen von Molnupiravir auf die Immunität der Patienten auf, sagte Dr. Oliver van Hecke, Senior Clinical Research Fellow an der Universität Oxford und Mitautor der Studie. „Selbst wenn eine längere Einnahme von Molnupiravir das Virus vollständig beseitigt, könnten einige Patienten einen schwächeren Schutz gegen eine erneute Ansteckung in der Zukunft entwickeln.“
„Es wäre sinnvoll zu untersuchen, ob Molnupiravir in Kombination mit anderen antiviralen Medikamenten das Virus besser beseitigt und dafür sorgt, dass die Patienten eine gute Immunität gegen das Virus aufbauen. Dies könnte dazu beitragen, dass die behandelten Patienten sich nicht bald wieder anstecken und auch die Wahrscheinlichkeit der Weitergabe mutierter Virusstämme verringern.“
© arznei-news.de – Quellenangabe: Nature Communications (2024). DOI: 10.1038/s41467-024-45641-0
News zu Molnupiravir
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EMA gibt Empfehlungen zur Verwendung von Lagevrio (Molnupiravir) zur Behandlung von COVID-19 heraus
19.11.2021 Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat eine Empfehlung zur Verwendung von Lagevrio (auch bekannt als Molnupiravir oder MK 4482) für die Behandlung von COVID-19 abgegeben.
Das derzeit in der EU nicht zugelassene Arzneimittel kann zur Behandlung von Erwachsenen mit COVID-19 eingesetzt werden, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und bei denen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer schweren COVID-19 besteht.
Anwendung
Lagevrio sollte so bald wie möglich nach der Diagnose von COVID-19 und innerhalb von 5 Tagen nach Beginn der Symptome verabreicht werden. Das Medikament, das in Form von Kapseln erhältlich ist, sollte zweimal täglich über 5 Tage eingenommen werden.
Die EMA hat diese Empfehlung herausgegeben, um die nationalen Behörden zu unterstützen, die angesichts der steigenden Infektions- und Todesfälle durch COVID-19 in der EU über eine mögliche frühzeitige Anwendung des Arzneimittels vor der Zulassung entscheiden können, z. B. in Notfallsituationen.
Überprüfung der Daten
Der Empfehlung ging eine Überprüfung der Daten voraus, einschließlich der Daten zur Qualität des Arzneimittels und der Ergebnisse abgeschlossener und laufender Studien.
Die Zwischenergebnisse der Hauptstudie bei nicht hospitalisierten, nicht geimpften Patienten mit mindestens einer Grunderkrankung, die ein Risiko für eine schwere COVID-19-Infektion darstellt, wurden im Rahmen dieser Empfehlung bewertet.
Molnupiravir verringerte in einer Dosis von 800 mg zweimal täglich das Risiko einer Krankenhauseinweisung und des Todes, wenn die Behandlung innerhalb von 5 Tagen nach Beginn der Symptome begann.
Etwa einen Monat nach Beginn der Behandlung waren 7,3 % der mit Molnupiravir behandelten Patienten (28 von 385) im Vergleich zu 14,1 % (53 von 377) der Patienten, die ein Placebo (eine Scheinbehandlung) erhielten, in ein Krankenhaus eingewiesen worden oder gestorben; in der Molnupiravir-Gruppe starb keiner der Patienten, in der Placebo-Gruppe dagegen acht.
Sicherheit, Nebenwirkungen
Was die Sicherheit betrifft, so waren die häufigsten Nebenwirkungen, die während der Behandlung und innerhalb von 14 Tagen nach der letzten Einnahme von Molnupiravir gemeldet wurden, Durchfall, Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen, die alle entweder leicht oder mittelschwer waren.
Schwangerschaft, Stillen
Molnupiravir wird während der Schwangerschaft und bei Frauen, die schwanger werden können und keine wirksame Verhütungsmethode anwenden, nicht empfohlen. Frauen, die schwanger werden können, müssen während der Behandlung und bis 4 Tage nach der letzten Einnahme von Lagevrio eine wirksame Verhütungsmethode anwenden.
Das Stillen sollte während der Behandlung und für 4 Tage nach der Behandlung unterbrochen werden. Diese Empfehlungen werden gegeben, da Laborstudien an Tieren gezeigt haben, dass hohe Dosen von Molnupiravir das Wachstum und die Entwicklung des Fötus beeinträchtigen können, schreibt die EMA.
© arznei-news.de – Quellenangabe: EMA