Levonorgestrel-Pille zur Notfallverhütung ist wirksamer, wenn sie zusammen mit einem entzündungshemmenden Medikament eingenommen wird
17.08.2023 Die gleichzeitige Einnahme von Piroxicam (einem entzündungshemmenden Medikament, das häufig zur Behandlung von Arthritisschmerzen eingesetzt wird) und der Levonorgestrel-Pille zur Notfallverhütung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr verhindert signifikant mehr Schwangerschaften als die alleinige Einnahme von Levonorgestrel, so das Ergebnis einer in The Lancet veröffentlichten randomisierten kontrollierten Studie.
Zwei Arten von Notfallverhütungspillen („Pille danach“) – entweder mit Levonorgestrel oder mit Ulipristalacetat – sind in den meisten Ländern die am weitesten verbreitete Methode der Notfallverhütung, wobei die Levonorgestrel-Pille in mehr Ländern erhältlich ist als die Ulipristalacetat-Pille. Beide Verhütungsmittel wirken durch Verhinderung oder Verzögerung des Eisprungs, und keines von ihnen ist nach dem Eisprung wirksam.
Wirksamkeit von Levonorgestrel als Pille danach
Die anerkannte Wirksamkeit von Levonorgestrel beruht auf den Ergebnissen einer Studie aus dem Jahr 1998, in der Levonorgestrel 95 % der erwarteten Schwangerschaften verhinderte, wenn es innerhalb von 24 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen wurde, 85 %, wenn es innerhalb von 25 bis 48 Stunden eingenommen wurde, und 58 %, wenn es innerhalb von 49 bis 72 Stunden eingenommen wurde. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die Wirksamkeit von Levonorgestrel möglicherweise geringer ist.
„Die Levonorgestrel-Notfallpille ist in vielen Teilen der Welt eine der beliebtesten Notfallverhütungsmethoden. Daher ist es sehr aufschlussreich, herauszufinden, dass es ein weithin verfügbares Medikament gibt, das die Wirksamkeit von Levonorgestrel erhöht, wenn beide zusammen eingenommen werden“, so Dr. Sue Lo von der Family Planning Association of Hong Kong, die an der Studie mitwirkte.
Studie: Piroxicam erhöhte die Wirksamkeit von Levonorgestrel
Die Studie fand zwischen August 2018 und August 2022 in einer großen Gemeinschaftseinrichtung für sexuelle und reproduktive Gesundheit in Hongkong statt. Frauen, die innerhalb von 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine Levonorgestrel-Notfallverhütung benötigten, erhielten nach dem Zufallsprinzip eine einzelne überwachte Dosis von Levonorgestrel 1,5 mg plus entweder Piroxicam 40 mg oder eine Placebopille.
Die Teilnehmerinnen und das behandelnde medizinische Fachpersonal wussten nicht, welche Gruppe welche Behandlung erhielt. Ein Folgetermin wurde ein bis zwei Wochen nach der nächsten erwarteten Periode angesetzt. Bei diesem Termin wurde ein Schwangerschaftstest durchgeführt, falls bis zu diesem Zeitpunkt keine normale Periode eingetreten war. Der Anteil der verhinderten Schwangerschaften an den erwarteten wurde auf der Grundlage eines 1998 veröffentlichten Modells berechnet.
Unter den 836 Frauen, die nachbeobachtet wurden, gab es eine Schwangerschaft bei den 418 Frauen, die Piroxicam und Levonorgestrel einnahmen, und sieben Schwangerschaften bei den 418 Frauen, die das Placebo und Levonorgestrel erhielten. Der Prozentsatz der erwarteten Schwangerschaften ohne Verhütung wurde in beiden Gruppen auf 4,5 % (19/418) geschätzt. Somit lag der Prozentsatz der verhinderten Schwangerschaften nach der gleichzeitigen Behandlung mit Piroxicam und Levonorgestrel bei 95 % (18/19), gegenüber 63 % (12/19) bei den Frauen, die Levonorgestrel und Placebo einnahmen.
Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit der Nebenwirkungen zwischen den mit Piroxicam und Placebo behandelten Frauen.
Mögliche Wirkweise von Piroxicam
Prof. Kristina Gemzell-Danielsson vom Karolinska-Institut, eine weitere Mitforscherin, erklärte, dass Levonorgestrel eine Schwangerschaft verhindert, indem es den Anstieg des luteinisierenden Hormons blockiert oder hinauszögert, was den Eisprung unterbricht. Piroxicam könnte auf eine andere Art von Hormon wirken, nämlich auf Prostaglandine. Prostaglandine erleichtern verschiedene Fortpflanzungsprozesse, einschließlich Eisprung, Befruchtung und Einnistung des Embryos.
„Daher spekulieren wir, dass Piroxicam sowohl vor dem Eisprung (durch Blockierung des Eisprungs) als auch nach dem Eisprung (durch Verhinderung der Einnistung des Embryos) eine empfängnisverhütende Wirkung haben könnte, aber in unserer Studie wurde der Wirkmechanismus von Piroxicam nicht untersucht, und es sind weitere Studien erforderlich, um dies zu bestätigen.“
Die Autoren räumen einige Einschränkungen der Studie ein, darunter die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf andere Situationen. Da in der Studie Frauen mit aktueller oder kürzlicher Anwendung hormoneller Verhütungsmittel sowie Frauen mit mehr als einer Episode ungeschützten Geschlechtsverkehrs vor der Einnahme von Notfallverhütungsmitteln ausgeschlossen wurden, ist nicht sicher, ob die Piroxicam-Levonorgestrel-Kombinationsbehandlung bei Frauen unter diesen Umständen ebenso wirksam ist.
© arznei-news.de – Quellenangabe: The Lancet – DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(98)05145-9