Striatales Dopamin beeinflusst die Wirkung von Methylphenidat auf wertbasiertes und überraschungsbasiertes Umkehrlernen
27.09.2022 Psychostimulanzien werden häufig zur Behandlung psychiatrischer Störungen oder zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten eingesetzt. Der Nutzen dieser Medikamente ist jedoch nicht für alle Menschen gleich, da ihre Wirkung sowohl zwischen Individuen als auch bei ein und demselben Patienten sehr unterschiedlich ist.
Diese große Variabilität stellt ein großes Problem für die Behandlungsstrategien in der Psychiatrie dar, und die Gründe dafür sind noch immer unklar. Jetzt sind die Wissenschaftler des Human Brain Project (HBP) dem Verständnis dieser Gründe näher gekommen.
Methylphenidat
Eines dieser Medikamente ist Methylphenidat, der Wirkstoff der Medikamente Ritalin und Concerta, die zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt werden, aber wegen ihrer kognitionsverbessernden Wirkung auch bei gesunden Menschen weit verbreitet sind. Methylphenidat wirkt zum Teil durch die Erhöhung des Dopaminspiegels, eines Neurotransmitters, der am Belohnungssystem des Gehirns beteiligt ist.
Die Studie
Eine neue Studie eines Forscherteams des Radboud University Medical Center (Niederlande) und des Donders Institute for Brain, Cognition and Behavior (Niederlande) entschlüsselt die Mechanismen, durch die Methylphenidat sowohl die Aufmerksamkeit als auch das Belohnungslernen steuert.
Die Forscher testeten die Hypothese, dass die Auswirkungen von Methylphenidat auf das Lernen auf der Grundlage von Belohnung oder Bestrafung vom Ausgangsniveau des Dopaminspiegels im Gehirn einer Person abhängen. Um dies zu testen, erhielten 100 junge gesunde Erwachsene (in verschiedenen Sitzungen) Methylphenidat, Sulpirid (ein Medikament zur Behandlung von Schizophreniesymptomen, das selektiver auf Dopaminrezeptoren wirkt) oder ein Placebo und wurden später mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) während einer Belohnungs-/Bestrafungs-Umkehrlernaufgabe (Reversal Learning) gescannt.
Belohnungs- und Bestrafungslernen
Bei dieser Aufgabe lernten die Teilnehmer vorherzusagen, ob auf ein vom Computer ausgewähltes Bild (ein Gesicht oder eine Landschaft) eine Belohnung oder eine Bestrafung folgt. Ein Belohnungsergebnis bestand aus einem grünen Smiley und einem +100 € Zeichen. Eine Bestrafung bestand aus einem roten, traurigen Smiley und einem -€100-Zeichen. Ob das Gesicht oder die Landschaft mit einer Belohnung oder Bestrafung assoziiert wurde, änderte sich während der Aufgabe häufig, so dass die Probanden, um gute Leistungen zu erzielen, weiterhin aufmerksam sein und ihr Verhalten aufgrund von Vorhersagefehlern flexibel anpassen mussten.
Die Forscher stellten fest, dass das Ausmaß, in dem sowohl Methylphenidat als auch Sulpirid das Belohnungslernen im Vergleich zum Bestrafungslernen verbesserten, von der Ausgangskapazität der Dopaminsynthese abhing. Darüber hinaus gingen diese Auswirkungen auf das Lernen mit einer erhöhten Aktivität im Striatum einher (einer dopaminreichen Region tief im Gehirn) und auch mit einer erhöhten Spezifität der Aktivität in Regionen des Kortex im hinteren Teil des Gehirns, die auf die Verarbeitung von Gesichtern und Landschaften spezialisiert sind.
Die Ergebnisse stützen zwei Hypothesen im Zusammenhang mit Methylphenidat: Erstens, dass Dopamin aufgabenrelevante kortikale Signale verstärkt, indem es auf das Striatum wirkt. Zweitens, dass Unterschiede zwischen den Individuen in der Dopaminsynthesekapazität im Striatum die Variabilität der kognitiven Wirkungen des Medikaments erklären.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Nature Communications (2022). DOI: 10.1038/s41467-022-32679-1