Vergleich: Welches sind die wirksamsten und sichersten ADHS-Medikamente bei Kindern und Erwachsenen?
08.08.2018 Von den Medikamenten, die für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zur Verfügung stehen, ist das wirksamste und sicherste für die kurzfristige Behandlung von Kindern Methylphenidat und bei Erwachsenen sind es Amphetamine laut den bisher umfassendsten Erkenntnissen aus einer Netzwerk-Meta-Analyse und einer systematischen Überprüfung, die die Wirksamkeit und Sicherheit von sieben ADHS-Medikamenten gegenüber Placebo verglich.
Die im Fachblatt The Lancet Psychiatry herausgegebene Studie verglich die Wirksamkeit und Begleiterscheinungen von Amphetaminen (einschließlich Lisdexamfetamin), Atomoxetin, Bupropion, Clonidin, Guanfacin, Methylphenidat und Modafinil miteinander oder mit Placebo über 12 Wochen Behandlung. Allerdings sind weitere Forschungsarbeiten zur Bestätigung der längerfristigen Wirkung von ADHS-Medikamenten dringend erforderlich, schreiben die Autoren.
Obgleich sie häufig für Personen mit ADHS verschrieben werden, schloß die Studie nicht antipsychotische Medikamente oder Antidepressiva ein, da sie nicht die ADHS-Kernsymptome behandeln.
Die Studie enthält auch keine psychologischen Therapien für ADHS, aber die Autoren schreiben, dass diese mit Betroffenen und ihren Familienmitgliedern oder Betreuern besprochen werden sollten und gegebenenfalls vor ADHS-Medikamenten, insbesondere für Kinder und Jugendliche, angeboten werden sollten.
Von den 133 randomisierten klinischen Studien waren 81 zu Kindern und Jugendlichen, 51 zu Erwachsenen und eine Studie zu beiden Populationen. Davon enthielten 89 randomisierte kontrollierte Studien unveröffentlichte Daten oder waren völlig unveröffentlicht.
Vergleich der Wirksamkeit
Die Wirksamkeit der Medikamente wurde bei 10.068 Kindern und Jugendlichen und bei 8.131 Erwachsenen überprüft, während die Nebenwirkungen bei 11.018 Kindern und Jugendlichen und 5.362 Erwachsenen untersucht wurden.
Die Symptombewertung kam von Lehrern und Klinikern für Kinder, und für Erwachsene wurden diese von Klinikern gegeben.
Basierend auf den klinischen Bewertungen bei Kindern und Jugendlichen, waren alle Medikamente wirksamer als Placebo bei der Kontrolle der ADHS-Symptome. Aber Lehrer bewerteten nur Methylphenidat und Modafinil wirkungsvoller als Placebo (es gab keine Daten für Lehrerbewertungen zu Amphetaminen und Clonidin).
Bei Erwachsenen gab es keine Daten für Guanfacin und Clonidin. Kliniker bewerteten alle anderen Medikamente, außer Modafinil, als wirksamer als Placebo bei der Behandlung von ADHS-Symptomen.
Im Vergleich aller sieben Medikamente waren Amphetamine bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wirksamer als Modafinil, Atomoxetin und Methylphenidat.
Im Allgemeinen waren ADHS-Medikamente für Erwachsene weniger wirksam und weniger verträglich als für Kinder und Jugendliche, und die Ursache dafür ist unbekannt.
Vergleich der Nebenwirkungen
Amphetamine, Methylphenidat, Atomoxetin und Modafinil verursachten Gewichtsverlust bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Amphetamine und Atomoxetin erhöhten den Blutdruck bei Kindern und Jugendlichen und Methylphenidat bei Erwachsenen.
Bei Kindern und Jugendlichen war Methylphenidat das einzige Medikament mit einer besseren Akzeptanz als Placebo, und bei Erwachsenen hatten nur Amphetamine eine bessere Akzeptanz als Placebo.
Empfehlung
Unter Berücksichtigung aller Ergebnisse kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Methylphenidat die erste Option für Kinder und Jugendliche mit ADHS sein sollte. Bei Erwachsenen empfehlen sie, dass Amphetamine die erste Medikamenten-Option sein sollten, die angeboten wird.
Jedoch gab es nicht genügend Belege, um zu bestätigen, ob Lisdexamfetamin – das derzeit von NICE für Erwachsene mit ADHS empfohlen wird – für Erwachsene mit ADHS wirksamer und verträglicher war als andere verfügbare Amphetamine. Darüber hinaus empfiehlt NICE Atomoxetin und Guanfacin als Medikamente der dritten Linie bei Kindern, aber die Studie ergab, dass diese ebenso verträglich oder weniger verträglich sind als Placebo.
© arznei-news.de – Quellenangabe: The Lancet Psychiatry – DOI:https://doi.org/10.1016/S2215-0366(18)30269-4
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