Antipsychotika und Delir / Delirium

Atypische Antipsychotika sind nicht sicherer als Haloperidol bei älteren Menschen mit postoperativem Delir

Antipsychotika und Delir / Delirium

05.09.2023 Eine Studie mit mehr als 17.000 älteren Menschen, denen nach einer größeren Operation ein Antipsychotikum (auch Neuroleptikum genannt) verschrieben wurde, ergab, dass atypische Antipsychotika nicht weniger bedenklich sind als Haloperidol. Die Ergebnisse wurden in den Annals of Internal Medicine veröffentlicht.

Das postoperative Delir (auch Delirium genannt) ist die häufigste Komplikation nach größeren Operationen bei älteren Personen. Es geht einher mit längeren Krankenhausaufenthalten, der Entlassung in ein Pflegeheim, Funktionseinbußen, Sterblichkeit und erhöhten Gesundheitskosten. Für die Erstbehandlung des Delirs werden nicht-pharmakologische Maßnahmen empfohlen, doch werden zur Behandlung der Verhaltenssymptome nach wie vor häufig Antipsychotika eingesetzt.

Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass der Einsatz von Haloperidol zurückgegangen ist, während der Einsatz atypischer Antipsychotika im Laufe der Zeit zugenommen hat. Diese Trends spiegeln die Auffassung der Kliniker wider, dass atypische Antipsychotika weniger schädlich sind als Haloperidol.

Forscher von Hebrew SeniorLife, dem Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School untersuchten 17.115 Patienten im Alter von 65 Jahren und älter ohne psychiatrische Störungen, denen nach größeren Operationen ein orales Antipsychotikum verschrieben wurde, um das Risiko für unerwünschte Ereignisse im Krankenhaus zu vergleichen. Die Autoren stellten fest, dass es zwischen den vier Antipsychotika Haloperidol, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon keinen statistisch signifikanten Unterschied im Risiko für Todesfälle im Krankenhaus gab.

Das Risiko für nicht-tödliche klinische Ereignisse reichte von 2,0 % bis 2,6 % für Herzrhythmusstörungen, 4,2 % bis 4,6 % für Lungenentzündungen und 0,6 % bis 1,2 % für Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken, wobei es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen gab. Die Autoren empfehlen, den Einsatz von Antipsychotika insgesamt zu reduzieren, da es keine sicherere antipsychotische Medikamentenoption gibt, und sich auf konzertierte klinische und gesundheitspolitische Bemühungen und Investitionen in nicht-pharmakologische Interventionen zur Prävention und Behandlung von Delirien zu konzentrieren.

© arznei-news.de – Quellenangabe: Annals of Internal Medicine (2023), www.acpjournals.org/doi/10.7326/M22-3021

News zu Antipsychotika bei Delir / Delirium

Neuroleptika nicht wirksam bei Delirium

05.04.2016 Eine neue in der Zeitschrift Journal of the American Geriatrics Society veröffentlichte Rezension medizinischer Forschungsliteratur der Johns Hopkins University unterstützt nicht den Einsatz von antipsychotischen Medikamenten zur Prävention oder Behandlung von Delirien bei hospitalisierten Patienten.

Die Forscher analysierten 19 relevante Studien. In sieben Studien wurden Antipsychotika mit Placebo oder keiner Behandlung zur Vorbeugung von Delirien bei postoperativen Patienten verglichen: Es gab keinen signifikanten Effekt auf die Delirium-Inzidenz.

Die Analyse der Daten aus allen 19 Studien einschließlich medizinischer und chirurgischer Patientenpopulationen zeigte, dass Neuroleptika keine Auswirkungen auf Dauer und Schwere des Deliriums, Länge des Aufenthalts im Krankenhaus oder Sterblichkeit hatten. Es gab jedoch beträchtliche Unterschiede im Design und den Ergebnis-Maßen bei den Studien.

Wenn wir alle verfügbaren Belege zusammenfassen, gibt es keinen zwingenden Hinweis, den alltäglichen Gebrauch von antipsychotischen Medikamenten zu unterstützen, um das Auftreten von Delirien zu reduzieren, sagte Studienautorin Dr. Karin Neufeld.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Johns Hopkins University, Journal of the American Geriatrics Society – DOI: 10.1111/jgs.14076; April 2016

Antipsychotika können Delir bei Erwachsenen nicht verhindern

11.09.2019 Gegenwärtige Erkenntnisse unterstützen nicht den Routineeinsatz von Haloperidol oder Antipsychotika (Neuroleptika) der zweiten Generation zur Prävention oder Behandlung von Delir (auch Delirium genannt) bei hospitalisierten Erwachsenen laut zwei in Annals of Internal Medicine veröffentlichten Rezensionen.

Prävention von Delirium bei Erwachsenen

Esther S. Oh von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore und Kollegen führten eine systematische Überprüfung durch, um den Nutzen und die Schäden von Antipsychotika zur Prävention von Delirium bei Erwachsenen zu bewerten. Die Daten wurden aus 14 randomisierten kontrollierten Studien (RCT) ausgewertet.

Die Forscher fanden heraus, dass sich Delirium-Inzidenz oder Dauer, Krankenhausaufenthalt und Mortalität nicht zwischen Haloperidol und Placebo unterschieden.

Es wurden wenig bis gar keine Hinweise auf die Wirkung von Haloperidol auf kognitive Funktion, Delir-Schwere, unerwünschte Fortsetzung und Sedierung gefunden.

Antipsychotika der zweiten Generation können die Deliri-Inzidenz im postoperativen Bereich senken, obwohl die Belege begrenzt sind.

Nutzen und die Schäden von Antipsychotika bei der Behandlung von Delir

Roozbeh Nikooie, ebenfalls von der Johns Hopkins University School of Medicine, und Kollegen führten eine systematische Überprüfung durch, um den Nutzen und die Schäden von Antipsychotika bei der Behandlung von Delir bei hospitalisierten Erwachsenen zu untersuchen. Es wurden Daten aus 16 RCT und 10 Beobachtungsstudien aufgenommen.

Die Forscher fanden heraus, dass es für Haloperidol und Antipsychotika der zweiten Generation im Vergleich zu Placebo keinen Unterschied in Bezug auf Sedierungsstatus, Deliriumdauer, Krankenhausaufenthalt oder Sterblichkeit gab.

Für Haloperidol gegenüber Antipsychotika der zweiten Generation konnte kein Unterschied bei Schwere des Deliriums und der kognitiven Funktion festgestellt werden; es wurden keine ausreichenden oder gar keine Beweise für den Vergleich von Antipsychotika mit Placebo gefunden.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Annals of Internal Medicine – DOI: 10.7326/M19-1860DOI: 10.7326/M19-1859

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