Studie untersuchte Krankheitsaktivität und Behinderung bei Multipler Sklerose nach Absetzen von Natalizumab wegen Schwangerschaft
04.02.2022 Eine in Neurology veröffentlichte Studie untersuchte, ob ein frühes Absetzen von Natalizumab vor oder während des ersten Schwangerschaftstrimesters mit dem Auftreten von Multiple-Sklerose-Schüben und schubbedingten Behinderungen verbunden ist.
Die Studie
Dr. Kerstin Hellwig, Neurologin am Klinikum der Ruhr-Universität Bochum (RUB), und Kollegen analysierten für diese prospektive Kohortenstudie Daten von 274 Frauen aus dem deutschen Multiple-Sklerose- und Schwangerschaftsregister, in das zwischen November 2006 und Februar 2018 Teilnehmerinnen aufgenommen wurden.
Die Daten wurden mittels strukturierter, telefonisch durchgeführter Fragebogen und der Durchsicht der Aufzeichnungen von Neurologen erhoben. Patientinnen des Registers, die die Behandlung mit Natalizumab innerhalb von zwei Jahren vor oder im ersten Trimester der Schwangerschaft abbrachen, wurden in diese Analyse einbezogen.
Kein Schutz durch Schwangerschaft
In 183 Fällen traten MS-Schübe während der Schwangerschaft oder des ersten Jahrs nach dem Absetzen auf; in 44 Fällen traten schwere Schübe, in drei Fällen lebensbedrohliche MS-Schübe auf.
„In zehn Prozent der betrachteten Fälle war ein Jahr nach der Geburt eine funktionell relevante Behinderung durch die Krankheit feststellbar. Die Schwangerschaft als solche reduzierte das Risiko eines MS-Schubes nicht.“
Keine schützende Wirkung durch Stillen
„Ausschließliches Stillen des Kindes hatte ebenfalls keine schützende Wirkung“, heißt es in einer Pressemitteilung der RUB. Frauen, die Natalizumab innerhalb der ersten vier Wochen nach der Geburt wieder einnahmen, waren nicht besser vor MS-Schüben in den ersten sechs Monaten nach der Geburt geschützt als andere. Allerdings konnte die frühe Einnahme des Medikaments nach der Geburt das Risiko von Schüben in den folgenden zwölf Monaten senken.
„Diese Ergebnisse sind bedeutend für die Abwägung, Natalizumab vor oder während einer Schwangerschaft abzusetzen“, sagt Kerstin Hellwig. Das hohe Risiko einer bleibenden Behinderung durch das Absetzen des Medikaments steht den teils unklaren Risiken für die Schwangerschaft durch die dauernde Einnahme oder den Wechsel zu einer anderen Therapie gegenüber. „Diese Informationen müssen wir mit den Patientinnen teilen, um gemeinsam zu einer fundierten Entscheidung zu kommen.“
© arznei-news.de – Quellenangabe: Ruhr-Universität Bochum – JAMA Network Open | Neurology, 2022, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.44750750
Weitere News, Artikel dazu
- MS-Medikamente in der Stillzeit und die Kindesentwicklung. Monoklonale Antikörper zur Behandlung von Multipler Sklerose, die während der Stillzeit eingenommen werden, scheinen keinen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes zu haben