Ketamin-Nasenspray kann sich als sichere und wirksame Behandlung bei therapieresistenter chronischer Migräne erweisen
31.05.2023 Ketamin in Form eines Nasensprays könnte sich als sichere und wirksame Behandlung für therapieresistente chronische Migräne erweisen laut einer in der Zeitschrift Regional Anesthesia & Pain Medicine veröffentlichten Studie.
Das Nasenspray ist eine bequemere Alternative zur intravenösen Ketamin-Infusion – der üblichen Verabreichungsmethode für diese Patienten -, sollte aber wegen der Gefahr der Überdosierung nur bei Patienten eingesetzt werden, bei denen andere Behandlungsmethoden versagt haben, warnen die Forscher.
Mehrere klinische Studien haben gezeigt, dass intravenöses Ketamin bei chronischen Kopfschmerzen wirksam ist. Allerdings muss in der Regel ein Schmerzspezialist hinzugezogen werden, um die Dosis anzupassen und die Nebenwirkungen zu überwachen, so dass der Einsatz in Ambulanzen begrenzt ist, so die Forscher.
Ketamin auch bei chronischer und behandlungsresistenter Migräne?
Es gibt zwar einige Hinweise darauf, dass intravenöses Ketamin bei Kopfschmerzerkrankungen wie Migräne und Clusterkopfschmerz eingesetzt werden kann, doch ist nicht klar, ob Ketamin auch bei chronischer und behandlungsresistenter Migräne sicher eingesetzt werden kann.
Um dies herauszufinden, untersuchten die Forscher retrospektiv die Ergebnisse und Erfahrungen von Personen, die zwischen Januar und Februar 2020 in einem Kopfschmerzzentrum ein nasales Ketaminspray gegen chronisch refraktäre Migräne erhielten.
In diesem Zeitraum wurde 242 Personen ein nasales Ketaminspray verschrieben, von denen sich 169 Personen (80 % Frauen; Durchschnittsalter 44 Jahre) befragt wurden.
Die meisten gaben an, täglich unter Kopfschmerzen zu leiden (67,5 %), und fast 85 % hatten bereits mehr als 3 Arten von Präventivmitteln ausprobiert. Derzeit nahmen sie etwa 2 davon ein.
Zu den häufigsten Gründen für die Verwendung von nasalem Ketaminspray zählten ein teilweises Ansprechen auf schmerzlindernde (100, 59 %) und präventive Medikamente (52, 31 %), eine frühere positive Wirkung von intravenösem Ketamin (38, 22,5 %) und das Versagen von intravenösem Lidocain (22, 13 %).
41 (25 %) bzw. 46 (28 %) Patienten wurde vor bzw. nach der intravenösen Ketamininfusion ein nasales Ketaminspray angeboten; 47 % erhielten kein intravenöses Ketamin.
Wahrgenommene Wirksamkeit und Sicherheit des Ketamin-Sprays
Insgesamt gaben sie an, dass sie das Ketamin-Nasenspray 6 Mal an durchschnittlich 10 Tagen im Monat verwendeten. Fast die Hälfte (49 %) gab an, das Spray sei „sehr wirksam“, während 39,5 % es als „etwas wirksam“ empfanden. Mehr als ein Drittel (35,5 %) sagte, ihre Lebensqualität sei „viel besser“.
Im Vergleich zu anderen Schmerzmitteln hielten 73 (43 %) das Nasenspray für „sehr viel besser“ und 50 (29,5 %) für „etwas besser“.
Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie bei Verwendung des Ketamin-Nasensprays weniger Schmerzmittel einnahmen. Zum Zeitpunkt der Befragung benutzten fast zwei Drittel (65 %) das Spray immer noch.
Fast drei von vier (74 %) berichteten über mindestens eine Nebenwirkung, von denen Müdigkeit und Doppel- bzw. verschwommenes Sehen am häufigsten auftraten, gefolgt von kognitiven Wirkungen wie Verwirrung/Dissoziation, lebhafte Träume und Halluzinationen. Diese waren jedoch meist nur vorübergehend.
Die meisten Teilnehmer verwendeten das Spray zusammen mit anderen Medikamenten, was es schwierig macht, den therapeutischen Nutzen des Sprays allein zu beurteilen, sagten die Forscher.
Dosis und Suchtgefahr
Auch die wirksamste und sicherste Dosis müsse noch ermittelt werden, da es keine klinischen Leitlinien gebe, betonen sie. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts war das nasale Ketaminspray noch nicht offiziell für die Behandlung von Kopfschmerzen bzw. Migräne oder Schmerzen zugelassen.
Ein potenzieller Nachteil sei die Suchtgefahr, fügen die Forscher hinzu und weisen darauf hin, dass in ihrer Studie 23 Personen das Spray täglich und 37 an mehr als 15 Tagen/Monat verwendeten.
Dies sollte vorsichtig und individuell angegangen werden, da manche Menschen nur auf wiederholte [intranasale] Ketaminanwendung ansprechen, während andere es übermäßig anwenden, warnen sie. Kliniker sollten den Einsatz eines potenziell süchtig machenden Medikaments wie Ketamin nur bei stark beeinträchtigten Migränepatienten in Betracht ziehen, raten sie.
Sie schlussfolgern: Diese retrospektive Studie deutet darauf hin, dass [intranasales] Ketamin bei [refraktärer chronischer Migräne] im ambulanten Bereich eine schmerzlindernde Wirkung mit begrenzten [Nebenwirkungen] haben kann, doch sind weitere klinische Studien erforderlich, um die Ergebnisse zu bestätigen.
© arznei-news.de – Quellenangabe: Regional Anesthesia and Pain Medicine (2023). DOI: 10.1136/rapm-2022-104223
News zu Ketamin bei Migräne
- 31.05.2023 Ketamin-Nasenspray kann sich als sichere und wirksame Behandlung bei therapieresistenter chronischer Migräne erweisen
- 11.11.2017 Ketamin scheint hilfreich bei behandlungsresistenter Migräne
- Weitere Infos, News zum Medikament Ketamin
Ketamin scheint hilfreich bei behandlungsresistenter Migräne
11.11.2017 Ketamin – ein Medikament, das häufig zur Schmerzlinderung und zunehmend zur Behandlung von Depressionen eingesetzt wird – kann bei Patienten mit behandlungsresistenter Migräne die Kopfschmerzen lindern laut einer auf der ANESTHESIOLOGY Jahrestagung 2017 vorgestellten Studie.
Die Studie mit 61 Patienten ergab, dass fast 75 Prozent nach einer drei- bis siebentägigen stationären Behandlung mit Ketamin eine Verbesserung ihrer Migräneintensität feststellten.
Das Medikament wird zur Induktion von Vollnarkosen verwendet, bietet aber auch eine wirksame Schmerzkontrolle für viele Patienten mit Schmerzerkrankungen in niedrigeren Dosen als bei der Anästhesie.
Die Forscher um Dr. Eric Schwenk vom Thomas Jefferson University Hospital in Philadelphia überprüften die Daten von Patienten, die Ketamin-Infusionen gegen hartnäckige Migräne-Kopfschmerzen erhielten – Migräne, bei der alle anderen Therapien versagt haben.
Die durchschnittliche Migräne-Einstufung lag bei der Aufnahme bei 7,5 (auf einer Skala von 0-10) verglichen mit 3,4 bei der Entlassung.
Die durchschnittliche Dauer der Infusion betrug 5,1 Tage und der Tag der niedrigsten Schmerzen war Tag 4. Die Nebenwirkungen waren insgesamt gering.
Die Studie konzentrierte sich nur auf die kurzfristige Schmerzlinderung, aber es ist ermutigend, dass diese Behandlung das Potenzial hat, Patienten langfristig zu helfen, schreiben die Wissenschaftler. Damit bildet die Arbeit die Grundlage für zukünftige, prospektive Studien mit einer größeren Patientenzahl.
© arznei-news.de – Quellenangabe: American Society of Anesthesiologists; Okt. 2017
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