Suramin bei Autismus

Potenziell erstes Medikament gegen Kern-Symptome von Autismus?

Studie legt nahe, dass die konventionelle Sicht über Autismus falsch sein könnte.

29.05.2017 Die Studienbefunde der von der Non-Profit-Organisation N of One: Autism Research Foundation unterstützten Forschungsarbeit legen einen neuen Ansatz nahe, was Autismus ist, und weisen auf ein potentielles erstes Medikament – Suramin – zur Behandlung der Kernsymptome.

Suramin ist ein Analogon des Azofarbstoffs Trypanblau. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird es als Antiprotozoikum gegen die Schlafkrankheit und andere Trypanosomen-Erkrankungen eingesetzt.

Wirksamkeit bei Kernsymptomen

In der Studie erhielten 10 Jungen im Alter von 5-14 Jahren entweder eine Einzeldosis des Medikaments Suramin (20 mg/kg) oder ein Placebo über eine intravenöse Infusion.

Es konnten Verbesserungen bei allen drei Kernmerkmalen von Autismus über mehrere Diagnosen in mehreren Tests beobachtet werden: Sprache, soziale Interaktionen und eingeschränkte oder sich wiederholende Verhaltensweisen.

Bemerkenswerterweise verbesserten sich die mit Suramin behandelten Kinder beim ADOS (Autism Diagnostic Observation Schedule), der Goldstandard für die Autismusdiagnose und eines der primären Ergebnisse der Studie, um 1,6 Punkte – ein statistisch signifikanter Befund (p <0,003) – und veränderte sich nicht in der Kontrollgruppe.

Sprach- und Verhaltensverbesserungen

Die Eltern der Kinder in der Behandlungsgruppe berichteten über signifikante neue Sprach- und Verhaltensverbesserungen bei zwei der fünf Kinder in der Behandlungsgruppe, die die ersten Sätze ihres Lebens 1-2 Wochen nach ihrer Einzeldosis Suramin sprachen.

Die Ergebnisse unterstützen die Kernthese von N of One: Autism Research Foundation, dass die vielversprechendsten Durchbrüche beim Autismus jenseits der Genetik liegen, auf die die Forschung traditionell fokussiert ist.

Cell Danger Response

Die Studie wurde von Dr. Robert Naviaux von der Universität California San Diego School of Medicine entworfen und prüft seine neuartige Theorie, dass ein normaler biochemischer Prozess, den er die Cell Danger Response (CDR) nennt, früh in der Kindheit oder sogar prenatal verharren kann: Und wenn dies geschieht, kann das Ergebnis Autismus sein.

Es ist eine Art Notprogramm der Zellen: Es findet eine Veränderung des Stoffwechsels statt, um sich besser vor Bedrohungen schützen zu können. Dadurch erhalten Neuronen und Synapsen für ihre Entwicklung aber weniger Energie. Ist die Bedrohung vorbei, wird diese Stoffwechselveränderung normalerweise rückgängig gemacht; doch manchmal bleibt sie eben bestehen.

Naviaux vermutet weiterhin, dass eine Klasse von Medikamenten – namens Antipurinergika – CDR normalisieren und damit sowohl die zugrundeliegenden biochemischen als auch sichtbaren Verhaltenssymptome von Autismus behandeln können.

Präklinische Studien

Mit Hilfe von Suramin, einem antipurinergen Medikament, zeigte Naviaux zuvor, dass er die autismusähnlichen Symptome von zwei verschiedenen Autismus-Mausmodellen umkehren konnte. Nach dem erfolgreichen präklinischen Studien war der nächste Schritt, die Sicherheit von Suramin bei Kindern mit Autismus in dieser jüngsten Studie zu testen.

Die Wissenschaftler untersuchten vor allem Sicherheit und Verträglichkeit in der ersten Suramin-Studie mit einer niedrigen Dosis, aber die Ergebnisse waren vielversprechend und könnten ein ‚Game-Changer‘ für Autismus bedeuten, wenn sie in größeren Studien bestätigt werden, sagte Naviaux im Fachblatt Annals of Clinical and Translational Neurology.

© arznei-news.de – Quellenangabe: Universität California, Annals of Clinical and Translational Neurology – dx.doi.org/10.1002/acn3.424; Mai 2017

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