COVID-19: Antidepressiva von Nutzen

Die Verschreibung von SSRI-Antidepressiva ist mit einem geringeren Risiko für einen positiven COVID-19-Test verbunden

COVID-19: Antidepressiva von Nutzen

21.06.2023 Neue Forschungsarbeiten unter der Leitung des Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience (IoPPN) am King’s College London haben ergeben, dass ambulante Psychiatriepatienten, denen Antidepressiva verschrieben wurden, bei ihrer stationären Aufnahme deutlich seltener positiv auf COVID-19 getestet wurden.

Die in der Fachzeitschrift BMC Medicine veröffentlichte Studie legt nahe, dass Antidepressiva – insbesondere die am häufigsten verschriebene Klasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) – eine präventive Rolle bei der Vorbeugung einer COVID-19-Infektion spielen und einen ergänzenden Ansatz zur Massenimpfung darstellen könnten.

Mithilfe von CRIS (Clinical Record Interactive Search) – einer Plattform, die es Forschern ermöglicht, Patientenakten zu untersuchen, ohne auf persönliche Daten zuzugreifen – analysierten die Forscher die klinischen Aufzeichnungen von 5.664 Patienten, die während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie (April bis Dezember 2020) in die psychiatrische Versorgung des South London and Maudsley NHS Foundation Trust aufgenommen wurden.

Weniger positive Tests unter SSRI

Alle neu aufgenommenen Patienten wurden obligatorisch und während ihrer gesamten stationären Behandlung auf COVID-19 getestet. Von den 5.664 Patienten wurden 202 Patienten positiv getestet. Die Forscher fanden heraus, dass positive COVID-19-Testergebnisse bei Patienten, bei denen in letzter Zeit (90 Tage vor der Aufnahme) Antidepressiva in der Krankenakte erwähnt wurden, etwa halb so häufig vorkamen wie bei Patienten, bei denen dies nicht der Fall war.

Eine weitere statistische Analyse ergab, dass eine kürzliche Verschreibung von Antidepressiva mit einer etwa 40-prozentigen Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines positiven COVID-19-Tests verbunden war, wobei SSRI die einzige Klasse von Antidepressiva war, die diesen Zusammenhang aufwies.

Zellbiologische Prozesse der COVID-19-Infektion

Dr. Oleg Glebov, Dozent an der Abteilung für Alterspsychiatrie des King’s IoPPN und Hauptautor der Studie, sagte: „Trotz des Erfolgs der Impfung gegen COVID-19 war der Nutzen für einige Menschen, insbesondere für immungeschwächte Personen und Bewohner einkommensschwacher Länder, begrenzt. Unsere früheren Arbeiten zeigen, dass Antidepressiva auf die zellbiologischen Prozesse der COVID-19-Infektion abzielen können, und die Ergebnisse dieser Studie deuten auf den möglichen klinischen Nutzen dieser Wirkung hin. Längerfristig könnten preiswerte, gut charakterisierte und leicht verfügbare Medikamente wie Antidepressiva dazu beitragen, die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. Wenn sich unsere Ergebnisse in weiteren Untersuchungen bestätigen, könnte dies eine Hilfe für diejenigen sein, die von den derzeit verfügbaren Strategien zur COVID-19-Prävention ausgeschlossen sind.“

Aufgrund der verwendeten Methoden und der Art der SSRI-Behandlungsschemata konnten die Forscher nicht garantieren, dass alle Patienten, in deren Krankenakten Antidepressiva erwähnt wurden, diese zum Zeitpunkt der Untersuchung auch einnahmen. Sie sind jedoch der Ansicht, dass der Zusammenhang stark genug ist, um weitere Untersuchungen in einer breiteren Population zu rechtfertigen.

© arznei-news.de – Quellenangabe: BMC Medicine (2023). DOI: 10.1186/s12916-023-02877-9

News zu Antidepressiva bei COVID

Studie untersuchte Mortalitätsrisiko bei Patienten mit COVID-19, denen selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer verschrieben wurden

16.11.2021 Eine groß angelegte Analyse von Krankenakten aus 87 Gesundheitszentren in den Vereinigten Staaten ergab, dass Menschen, die mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI; eine Klasse von Antidepressiva) – insbesondere Fluoxetin – behandelt wurden, deutlich seltener an COVID-19 starben als eine entsprechende Kontrollgruppe.

Die Ergebnisse fügen sich in eine Reihe von Belegen ein, wonach SSRI eine positive Wirkung auf die schlimmsten Symptome von COVID-19 haben könnten, obwohl große randomisierte klinische Studien erforderlich sind, um dies zu belegen.

Wir können nicht sagen, ob die Medikamente diese Wirkungen verursachen, aber die statistische Analyse zeigt einen signifikanten Zusammenhang, sagte Studienautorin Dr. Marina Sirota vom Bakar Computational Health Sciences Institute (BCHSI) an der UC San Francisco. Die Zahlen hätten „es in sich“.

Die Studie

Das UCSF-Stanford-Forscherteam analysierte elektronische Gesundheitsakten aus der anonymisierten Cerner Real World COVID-19-Datenbank, die Informationen von fast 500.000 Patienten in den USA enthielt, darunter 83.584 erwachsene Patienten, bei denen zwischen Januar und September 2020 COVID-19 diagnostiziert wurde. 3.401 Patienten von ihnen wurden SSRI verschrieben.

Der große Umfang des Datensatzes ermöglichte es den Forschern, die Ergebnisse von mit SSRI behandelten COVID-19-Patienten mit einer Vergleichsgruppe von COVID-19-Patienten zu vergleichen, die keine SSRI einnahmen, und so die Auswirkungen von Alter, Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und Komorbiditäten, die mit schwerer COVID-19 einhergehen, wie z. B. Diabetes und Herzerkrankungen, sowie der anderen Medikamente, die die Patienten einnahmen, herauszuarbeiten.

Geringere Mortalität unter SSRI

Die Ergebnisse zeigen, dass mit Fluoxetin behandelte Patienten ein um 28 Prozent geringeres Sterberisiko hatten; Patienten, die entweder Fluoxetin oder einen anderen SSRI namens Fluvoxamin einnahmen, hatten ein um 26 Prozent geringeres Sterberisiko; und die gesamte Gruppe der Patienten, die beliebiges SSRI einnahmen, hatte ein um 8 Prozent geringeres Sterberisiko als die entsprechenden Kontrollpatienten.

Obwohl die Auswirkungen geringer sind als die, die in den jüngsten klinischen Versuchen mit neuen von Pfizer und Merck entwickelten antiviralen Medikamenten festgestellt wurden, schreiben die Forscher, dass immer noch weitere Behandlungsmöglichkeiten benötigt werden, um der Pandemie ein Ende zu setzen.

© arznei-news.de – Quellenangabe: JAMA Network Open (2021). DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.33090

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