Verschlechterung, Erstverschlimmerung durch Antidepressiva

Erfahrungen, Erfahrungsberichte zu diesen Medikamenten

Verschlechterung durch SSRI-Antidepressiva

Neue Forschungsergebnisse zeigen: Während viele Antidepressiva (zumindest kurzfristig) bei vielen Menschen funktionieren, können sie eine Gruppe von Menschen, die sie nehmen, tatsächlich depressiver machen – also die Erkrankung verschlimmern – als wenn sie eine Placebo- bzw. Zuckerpille genommen hätten.

Die untersuchten Antidepressiva waren Selektive Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer (SSRIs) und Cymbalta (Duloxetin).

Die neue Studie von Yale University Forschern überprüfte Daten von sieben vorhandenen Studien und 2.515 Teilnehmern. In diesen vorherigen Studien erhielten Patienten das Antidepressiva-Medikament Cymbalta (Wirkstoff: Duloxetin), ein anderes SSRI (Selektive Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer) Antidepressivum oder eine Placebo-Pille für zwei Monate.

Die Studie erschien in der Zeitschrift Archives of General Psychiatry.

Die Forscher stellten fest, dass die meisten Personen, die die Placebobehandlung (eine Zuckertablette) bekamen, eher über kleine, allmähliche Verbesserungen bezüglich ihrer Depressionssymptome berichteten. Die Depressionssymptome wurden von Psychologen mit Hilfe der Hamilton Scale for Depression (Ham-D) gemessen – einem standardisierten Depressionstest

Die Forscher fanden, dass ohne Berücksichtigung der Behandlung (Antidepressiva-Medikament oder Placebo) 76,3 Prozent aller Patienten in der Probe positiv auf die Behandlung ansprachen.

Eine dritte Gruppe der Patienten – 23,7 Prozent – sprach nicht auf die Behandlung an (ohne Berücksichtigung, ob es ein Antidepressivum oder Placebo war).

Und als die Forscher die Depressionsschwere der nicht ansprechenden Personen prüften, die ein Antidepressivum einnahmen, stellten sie fest, dass die Symptome dieser Patienten sich tatsächlich verschlechterten, während sie Antidepressiva einnahmen.

Placebos besser als Antidepressiva

Die Endergebnisse zeigen, dass es einem Fünftel der Patienten, die ein Antidepressivum nahmen, schlechter ging als Patienten, die ein Placebo einnahmen.

Die Autoren: Diese Daten betonen die Wichtigkeit andauernder Überwachung der Behandlungsrisiken und Nutzen während serotonerger antidepressiver Behandlung. Sie sollten die Suche nach Biomarkern oder anderen Vorhersagevariablen für Personen, die nicht auf Antidepressiva ansprechen, bei antidepressiven Behandlungen weiter vorantreiben.

© arznei-news.de – Quelle: Archives of General Psychiatry, Nov. 2011

Warum können SSRI-Antidepressiva die Symptome verschlechtern bevor sie wirken?

02.01.2015 Kliniker erfahren immer wieder, dass selektive Serontonin-Wiederaufnahmehemmer tatsächlich die Symptome der Patienten verschlechtern können, bevor sie helfen. Eine neue in Trends in Cognitive Sciences veröffentlichte Studie hilft, die verzögerte, sogar paradoxe Wirkung bestimmter Antidepressiva zu erklären.

Erhöhung des Serotoninspiegels

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmeinhibitoren (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor – SSRI) sind die am häufigsten verschriebenen antidepressiven Medikamente, und sie wirken, indem sie das Niveau des Neurotransmitters Serotonin erhöhen.

Verschlechterung der Symptome

Während diese Serotoninsteigerung innerhalb von Minuten bis Stunden nach der Einnahme des SSRI eintritt, müssen Patienten die Medikamente normalerweise etwa zwei Wochen lang nehmen, bevor eine Symptomentlastung zu spüren ist. Während dieser Verzögerung kann das Medikament tatsächlich die Depression in einigen Fällen verschlimmern und damit das Risiko für einen Suizid erhöhen.

Doppelsignal: Glutamat und Serotonin

Adrian Fischer von der Otto-von-Guericke Universität und seine Kollegen sagen, dass das Serotonin ein doppeltes Signal den Neuronen sendet: Es wird sowohl Serotonin als auch Glutamat (eine weitere Chemikalie im Gehirn) ausgeschüttet. SSRI würden diese zwei Komponenten des Doppelsignals auf unterschiedliche Weise beeinflussen können, sagen die Forscher.

Während die serotonerge Komponente sofort nach der SSRI-Gabe verstärkt wird, wird der Glutamatbestandteil stark gehemmt und normalisiert sich erst nach mehreren Tagen bis Wochen der medikamentösen Behandlung wieder, sagten die Wissenschaftler.

Der Serotoninbestandteil des Doppelsignals scheint mit der Motivation verbunden und der Glutamatbestandteil mit Belohnung und Lernen.

Unterschiedliche Zeitverläufe

Dadurch kann es zu diesen unterschiedlichen Zeitverläufen kommt, die das Paradox der akuten versus chronischen SSRI-Wirkungen erklären.

Die Forscher glauben, dass ein besseres Verständnis des Doppelsignals eine Antwort auf akute und chronische medikamentöse Behandlungsprobleme geben kann. Sie könnten vielleicht auch einige der mit SSRI beobachteten Paradoxien lösen (also die Verschlechterung der Symptome) und bei der Entwicklung von besser wirkenden Antidepressiva helfen.

© arznei-news.de – Quellen: Trends in Cognitive Sciences, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg; Dezember 2014

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Beiträge zu “Verschlechterung, Erstverschlimmerung durch Antidepressiva”

  1. Escitalopram: 3 Wochen. Zu Beginn 5mg, stark benommen, Schüttelfrost, Haarausfall, unangenehme Ausdünstungen, Müdigkeit und Übelkeit. Das Medikament hat mir quasi diesen „Schleier“ oder „Nebel“, der durch die Depression/Niedergeschlagenheit in der Wahrnehmung entstand, genommen, sodass ich merkte, dass es für meine Probleme Lösungen gibt – paradoxerweise vermehrt vorkommende Suizidgedanken. Auch Hochgefühle blieben auf der Strecke. Meine soziale Phobie/Panik hat sich recht verbessert. Erhöhung auf 10 mg: Zunehmende Teilnahmslosigkeit und sozialer Rückzug, Freudlosigkeit. Am Ende der 3. Woche hatte ich massive und schwer kontrollierbare Aggressionen, wie niemals zuvor, sodass ich das Medikament ausschlich und absetzte.

    Venlafaxin: 2.5 Wochen. Einschleichen war sehr viel symptomärmer, jedoch auch auf Mindestmenge (37.5). Am Anfang sehr positiver Auftrieb, dann 1 Woche lang Suizidgedanken mit anschliessendem Suizidversuch, welcher jedoch durch Zufall verhindert werden konnte. Konstant Kopfschmerzen, 1x Migräne, häufig Zahnprobleme. Nach dem Suizidversuch ein kurzes Hoch, gefolgt von starker Lethargie, Einschliessen in die Wohnung, kaum-noch-Aufstehen.

    Trotz massiver Nebenwirkungen war die Abnahme der Phobie sehr positiv und die Eindämmung der Niedergeschlagenheit half mir zu sehen, dass die Depression zum Empfinden der Aussichtslosigkeit geführt hate, dies aber – rational betrachtet – nicht der Wahrheit entspricht. Einen erneuten Versuch mit Medikamenten schliesse ich nicht aus, momentan möchte ich lieber ohne weiterfahren.

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