Benzodiazepine und Demenz, Alzheimer

Erhöhtes Risiko einer Demenzdiagnose und einer Benzodiazepin-Exposition bei älteren Menschen mit Angstzuständen

Benzodiazepine und Demenz, Alzheimer

08.08.2023 Untersuchungen der Saint Louis University School of Medicine haben ergeben, dass bei Patienten ab 65 Jahren die Diagnose einer Angststörung signifikant mit einem erhöhten Risiko für eine Demenzdiagnose verbunden war, und dass die Einnahme von Benzodiazepinen mit einem um 28 % erhöhten Demenzrisiko verbunden war.

Wenn jedoch Patienten mit einer Angststörung Benzodiazepine verschrieben wurden, gab es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen diesen Medikamenten und dem Auftreten von Demenz laut den im Journal of the American Geriatrics Society veröffentlichten Ergebnissen.

Die Autoren der Studie stellten fest, dass es zwar einen Zusammenhang zwischen Angst und Demenz und einen Zusammenhang zwischen Benzodiazepinen und Demenz gibt, dass aber kein Zusammenhang zwischen diesen Medikamenten und Demenz besteht, wenn sie Personen mit einer Angststörung verschrieben werden.

Angststörungen im fortgeschrittenen Lebensalter

Es ist nicht bekannt, ob die Behandlung von Angststörungen im fortgeschrittenen Lebensalter mit Benzodiazepinen die Patienten einem erhöhten Demenzrisiko aussetzt. Angstzustände bei älteren Menschen können mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Depressionen, sozialem Rückzug, körperlicher Inaktivität, Schlafstörungen, Rauchen, Fettleibigkeit, Alkoholkonsum und chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht werden.

„Als Kliniker, der häufig Patienten mit Angststörungen behandelt, waren die jüngsten Studien, die darauf hindeuten, dass die Einnahme von Benzodiazepinen zur Demenz beitragen könnte, für mich sehr beunruhigend“, sagte Studienautor Jay A. Brieler. „Ich ging davon aus, dass, wenn ein Benzodiazepin eingenommen wurde und Nebenwirkungen auftraten, ein einfaches Absetzen des Medikaments das Problem mit der Zeit beheben würde.“

„Das schwierige an diesen Studien ist, dass Angst selbst auch mit Demenz in Verbindung gebracht wird. In der Fachliteratur war immer noch unklar, ob die Krankheit oder die Behandlung der Grund dafür war. Aufgrund unserer Arbeit scheint es, dass beide eine Rolle spielen, aber es bleibt unklar, wie die beiden miteinander interagieren“.

Die Studie

In dieser retrospektiven Kohortenstudie wurden die elektronischen Gesundheitsdaten von 72.496 Patienten aus den Jahren 2014-21 untersucht.

Die anonymisierten Krankenakten stammen aus dem Virtual Data Warehouse (VDW) des Saint Louis University-SSM Healthcare System. Das VDW, das vom Advanced HEAlth Data (AHEAD) Research Institute an der Saint Louis University erstellt und gepflegt wird, erfasst klinische Patientendaten ab dem 1. Januar 2008 aus akademischen und nicht-akademischen ambulanten und stationären Einrichtungen im Mittleren Westen.

Die VDW umfasst mehr als 5 Millionen Patienten von der Geburt bis zum Alter von 90 Jahren, die seit 2008 Leistungen des Gesundheitssystems in Anspruch genommen haben.

Die teilnahmeberechtigten Patienten waren 65 Jahre alt oder älter, hatten vor und nach dem Index Klinikaufenthalte und waren zwei Jahre vor dem Indexdatum frei von Demenz. Von der Kohorte waren 85,6 % weiß und 59,9 % waren weiblich. Der Altersmedian lag bei 74 Jahren.

© arznei-news.de – Quellenangabe: Journal of the American Geriatrics Society (2023). DOI: 10.1111/jgs.18515

News zu Benzodiazepine und Demenz, Alzheimer

Benzodiazepine verbunden mit höherem Risiko für Demenz

Eine neue Studie hat herausgefunden, dass, wer Beruhigungsmittel wie Tafil, Tavor oder Valium ab dem Alter von 65 einnimmt, eine 50 Prozent größere Wahrscheinlichkeit hat, innerhalb der nächsten 15 Jahre eine Demenz zu entwickeln, als Personen, die diese Benzodiazepine nie eingenommen haben.

Tafil, Tavor und Valium gehören zur Klasse der Benzodiazepine. Diese gehören zu den am häufigsten gebrauchten Medikamenten bei den Psychopharmaka. Sie werden in erster Linie verordnet, um Angst- und Schlafprobleme zu behandeln.

Die Forscher in Frankreich untersuchten in ihrer Studie 1.063 Männer und Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 78, die alle keine Demenz zu Beginn der Studie (1987) hatten. Sie wurden 20 Jahre später erneut untersucht.

„Das Maß berücksichtigend, in dem Benzodiazepine verschrieben werden, und die Anzahl von potenziellen Nebenwirkungen, sollte vor einer unterschiedslosen breiten Anwendung gewarnt werden, sagten die Forscher der Studie, welche im British Medical Journal herausgegeben wurde. Eine neuere Studie zu diesem Thema (s.u.)

© arznei-news.de – Quelle: British Medical Journal, Sept. 2012

Sedativa/Beruhigungsmittel können Alzheimerrisiko erhöhen

10.09.2014 Wer Anxiolytika (Medikamente gegen Angst) und/oder Schlaftabletten aus der Gruppe der Benzodiazepine einnimmt, hat ein erhöhtes Risiko, die Alzheimer Krankheit zu entwickeln, laut einer im British Medical Journal veröffentlichten Studie.

Die Forscher der Universität Bordeaux, Frankreich, stellten fest, dass Menschen, die mindestens drei Monate ein Benzodiazepin verwendeten, bis zu 51% wahrscheinlicher diese Form von Demenz entwickelten. Sie bestätigten damit eine andere vorherige Studie, die einen Zusammenhang zwischen diesen Medikamenten und Demenz fand.

„Die Einnahme von Benzodiazepinen ist mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer verbunden“, sagte die leitende Forscherin Sophie Billioti de Gage. „Ein unangebrachter langfristiger Einsatz dieser Medikamente sollte als besorgniserregend angesehen werden.“

Für die Studie prüften die Wissenschaftler 1.796 Fälle von Alzheimer Krankheit bei Erwachsenen im Alter von 66 oder älter in Quebec (Datenerhebung: 2000 – 2009). Allen waren Benzodiazepine verschrieben worden. Diese Fälle wurden mit über 7.184 gesunden Gleichaltrigen verglichen, die in derselben Gemeinde lebten.

Obwohl ein erhöhtes Risiko für Demenz bei Benzodiazepin-Benutzern festgestellt werden konnte, bleibt in der vorliegenden Studie die Natur dieser Verbindung unklar, schreiben die Wissenschaftler.

Jedoch stellte das Forscherteam auch eine Dosis-Reaktionsbeziehung zwischen dem Einsatz von Benzodiazepin und der neurodegenerativen Störung fest. Das Risiko für Alzheimer war bei Personen mit einer längeren Exposition zu langwirkenden Benzodiazepinen höher, als bei jenen, die nur kurzfristig wirkende einnahmen, fassen die Wissenschaftler zusammen.

© arznei-news.de – Quelle: British Medical Journal / Universität Bordeaux, September 2014

Kein erhöhtes Demenz-Risiko durch Benzodiazepine

15.02.2016 Benzodiazepine (häufig eingesetzt Medikamente gegen Angst und Schlaflosigkeit) können laut einer Studie der University of Washington nicht mit einem erhöhten Demenz-Risiko bei älteren Erwachsenen verbunden werden.

Die Ergebnisse unterstützen keine direkte (kausale) Verbindung zwischen der Verwendung von Benzodiazepinen und Demenz (früherer Forschungsberichte, siehe hier und hier), sagen die Forscher in der Zeitschrift British Medical Journal. Allerdings wird den Angehörigen der Gesundheitsberufe weiterhin geraten, den Einsatz von Benzodiazepin-Medikamenten bei älteren Erwachsenen zu vermeiden, um andere schwere Nebenwirkungen zu verhindern.

Langzeitstudie

Forscher um Shelly Gray analysierten die Daten von 3.434 Teilnehmern ohne Demenzerkrankung bei Studienbeginn im Alter von 65 Jahren und älter und folgten ihnen im Schnitt für 7 Jahre. Ein kognitives Screening der Teilnehmer wurde bei Beginn der Studie und alle zwei Jahre danach ausgeführt. Die Benzodiazepineinnahme wurde mit Hilfe von pharmazeutischen Daten über 10 Jahre ermittelt.

Faktoren wie Alter, Geschlecht und und andere Bedingungen wurden festgehalten und die Teilnehmer nach Rauchen, Sport und selbstbewerteter Gesundheit befragt.

Langzeitbeobachtungsstudien wie diese können keine Ursache-Wirkung-Beziehung feststellen, aber überprüfen, ob es einen langfristigen Zusammenhang zwischen diesen Medikamenten und einem Demenzrisiko gibt.

Während des Beobachtungszeitraum entwickelten 797 Teilnehmer (23%) Demenz und von diesen 637 (80%) Alzheimer-Krankheit.

Kein Zusammenhang mit kognitivem Verfall

Das Team fand keine Verbindung zwischen dem höchsten Niveau bei der Benzodiazepineinnahme (das mittlere Einnahmeniveau in dieser Gruppe entsprach etwa einem Jahr täglicher Einnahme) und Demenzerkrankungen oder einem kognitiven Rückgang.

Entgegengesetzt den Erwartungen entdeckten die Wissenschaftler ein gering erhöhtes Risiko für Demenz bei Personen mit geringer (bis zu einem Monat) oder moderater (1 – 4 Monate) Einnahme. Dies könnte möglicherweise auf die Behandlung von prodromalen (frühen) Symptomen zurückzuführen sein, sagten die Forscher.

Im Jahr 2015 hat dasselbe Team Befunde finden können, die auf einen Zusammenhang zwischen einem hohen Gebrauch von Anticholinergika (inkl. freiverkäuflichen Schlafhilfen und Allergiemedikamenten, und trizyklischen Antidepressiva) und Demenz hinwiesen.

© arznei-news.de – Quellenangabe: University of Washington, British Medical Journal; Feb. 2016

Benzodiazepine und Z-Drugs erhöhen nur minimal das Alzheimer-Risiko

19.08.2018 Der Einsatz von Benzodiazepinen und verwandten Medikamenten (Z-Drugs) ist laut einer aktuellen Studie der Universität von Ostfinnland mit einem nur leicht erhöhten Alzheimer-Risiko verbunden.

Der Risikoanstieg war bei Benzodiazepinen und Z-Drugs (Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon) unabhängig von ihrer Halbwertszeit ähnlich. Die Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin Acta Psychiatrica Scandinavica veröffentlicht.

Nur leicht erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Alzheimer-Krankheit

Benzodiazepine und ähnliche Medikamente waren mit einem nur leicht erhöhten Risiko für die Entwicklung von Alzheimer verbunden (bereinigtes OR 1,06 – also eine Erhöhung um 6 % im Vergleich zu den Kontrollteilnehmern).

Die Studie wurde in der landesweiten MEDALZ-Kohorte durchgeführt, die alle finnischen Bürger mit neu diagnostizierter Alzheimer-Krankheit in den Jahren 2005-2011 (70.719 Personen) umfasste und deren Alter, Geschlecht und Wohnort den Kontrollen entsprachen (282.862 Personen).

Keine Dosis-Wirkungs-Beziehung nach Bereinigung

Der Medikamentengebrauch seit 1995 wurde dem finnischen Rezeptregister entnommen. Viele chronische Erkrankungen, Drogenmissbrauch, sozioökonomischer Status und der Einsatz von Antidepressiva und Antipsychotika wurden berücksichtigt. Um die umgekehrte Kausalität einzubeziehen, wurde der Medikamenten-Verbrauch innerhalb von 5 Jahren vor der Alzheimer-Diagnose nicht berücksichtigt.

Da die Dosis-Wirkungs-Beziehung nach Anpassung an andere Psychopharmaka verschwand, ist es möglich, dass die Verbindung mit dieser Demenz-Erkrankung teilweise auf Antidepressiva und/oder Antipsychotika oder die gleichzeitige Einnahme dieser Medikamente zurückzuführen ist, schließen die Studienautoren um V. Tapiainen.

© arznei-news.de – Quellenangabe: Acta Psychiatrica Scandinavica (2018). DOI: 10.1111/acps.12909